Die japanische Badekultur ist etwas ganz besonderes, denn hier wird nicht nur auf die körperliche Reinlichkeit Wert gelegt. Ein großer Bestandteil (und der Grund, warum die meisten Japaner all abendlich in die Wanne steigen) ist, sich Zeit für sich selbst zu nehmen; die Gedanken an den Alltag und das Tagesgeschäft wortwörtlich ab zu spülen. Doch wer nun denkt, dass es doch einigermaßen eklig ist sich mit lauter nackten, verschwitzen Leuten zusammen in eine überdimensionale Badewann zu setzen, der sollte jetzt auf jeden Fall weiter lesen. Es gibt nämlich einen ganz bestimmten Verhaltenskodex für das gemeinsame Bad. Mit diesem Reinlichkeitsaspekt der japanischen Kultur, habe ich mich im Folgenden einmal näher beschäftigt. Dabei erforschen wir zusammen die Unterschiede zwischen Sento und Onsen, was man zum Baden mitbringen sollte und wie man es als Ausländer vermeidet sich geradewegs in ein Fettnäpfchen zu setzen.
Die Geschichte der Badehäuser
Der Ursprung der japanischen Badehäuser (Onsen und Sento) ist eng mit der Religion verwoben und geht auf das 13. Jahrhundert zurück. In der Zeit wurde in der Stadt Nara die große Buddha Statue gebaut und mit den Tempelanlagen wurden auch die ersten Badehäuser entworfen. Da Wasser sowohl im Buddhismus, als auch im Shintoismus als Zeichen der Reinheit gilt, wird das Baden als Reinigung von Verschmutzung im wörtlichen und übertragenen Sinn betrachtet. In den folgenden Jahrhunderten wurden überall in Japan Badehäuser errichtet. Das Baden in diesen Gemeinschaftsbädern wurde schnell in allen Bevölkerungsschichten sehr beliebt, da die gesellschaftlichen Schichten hier ausnahmsweise abgestreift werden durften.
Sento – Traditionelle Badehäuser
Bevor Japan nach dem zweiten Weltkrieg zur Industrienation wurde, war es also üblich all abendlich in eins der vielen Badehäuser (Sento) zu gehen. Dort konnte man gegen eine geringe Gebühr baden. Im Sento sind die Baderäume nach Geschlecht getrennt (die Herren baden hinter dem blauen Vorhang und Damen hinter dem roten). Zur Orientierung sind die Eingänge zum Bad meistens noch mit den Schriftzeichen (女) für Frauen und (男) für Männer gekennzeichnet.
Wissenswertes über japanische Heiße Quellen
Ein japanischer Onsen ist ein Badehaus, welches mit thermisch bzw. vulkanisch erhitztem Wasser gespeist wird. Dieses ist besonders reich an natürlichen Mineralien und soll besonders gut für die Pflege der Haut und des allgemeinen Wohlbefindens sein.
Der Eintrittspreis für Onsen (heiße Badequellen) liegt im Durchschnitt bei 300-500 japanischen Yen. Das entspricht etwa 4 Euro. Dafür kann man sich dann ein paar Stunden im Bad entspannen. Es gibt allerdings auch private Onsen bzw. Familien Onsen, bei denen man ein ganzes Zimmer mit eigenem Bad mieten kann. Da liegt der Preis dann natürlich höher.
Der Unterschied zwischen Sento und Onsen liegt im Wasser. Bei einem Sento wird ganz normales Leitungswasser auf angenehme Badetemperatur erhitzt und in die Badebecken geleitet. Bei einem Onsen wird vulkanisch erhitztes Wasser aus unterirdischen Reservoirs verwendet. Es wird dann auf etwa 36-42°C herunter gekühlt. Meistens ist auch die Innenausstattung von Onsen deutlich edler und luxuriöser als bei einem normalen Sento.
Das Wasser enthält je nach Stadt oder Region unterschiedliche Mineralien. Diese Onsen werden auch für die Therapie von verschiedenen Hautkrankheiten wie zum Beispiel Neurodermitis eingesetzt. Aber auch zur Linderung von Rheuma und Gelenkschmerzen soll das Wasser super sein.
Direkt angeschlossen an Ryokan gibt es zwar nicht immer, aber sehr häufig traditionelle japanische Bäder (Onsen), welche von den Übernachtungsgästen jeder Zeit benutzt werden können. Manche Ryokan bieten aber auch einen Onsen-Tagespass für externe Besucher an.
Nützliches Onsen-Equipment
- Ein paar 50 oder 100 Yen Münzen, da viele Badehäuser Schließfächer für Schuhe oder Wertsachen haben. Diese sind auch nützlich, wenn man sich nach dem Bad etwas kühles zu trinken aus den Verkaufsautomaten ziehen möchte.
- Viele heiße Quellen stellen Shampoo und Duschgel bereit, doch wenn man lieber sein eigenes Duschzeug benutzen will, kann man es auch mitbringen.
- Ein großes Handtuch zum Abtrocknen.
- Ein kleines Handtuch oder einen Waschlappen (Tenugui) zur Reinigung vor dem Baden. Falls man Tenugui vergessen hat, kann man auch das auch kaufen.
- Bei langen Haaren, sollte man Haargummis oder -spangen mitbringen, mit denen man die Haare hochbinden kann.
- Hautcreme. Nach dem Baden und Abtrocknen kann es sein, dass die Haut sehr ausgetrocknet ist und etwas Bodylotion ist da genau das Richtige.
- Make-Up, Haarpflege und Haarbürste. Da man sich vor dem Bad gründlich reinigt (und sich abschminkt), sollte man als Frau bedenken seine Kosmetik Sachen mitbringt, um sich nach dem Bad wieder frisch zu machen. Eine Haarbürste und die eigenen Haarpflegeprodukte (Haargel, Haarspray etc.) sollte man auch mitbringen, aber Haartrockner sind meistens vorhanden, sodass man diesen nicht mitbringen muss.
Wichtigste Regeln für Onsen und Sento Besuche
Ein öffentliches Bad in Japan gleicht mehr einer übergroßen Badewanne als einem Schwimmbad. Es gibt sowohl in Onsen, als auch in Sento erst einen Umkleideraum, in dem man sich vollständig entkleidet. Die Badekultur schreibt vor, dass man in japanischen Bädern nackt badet. Zuhause würde man ja auch keinen Badeanzug / Badehose anziehen, wenn man in die Badewanne geht, oder? Das ist eventuell am Anfang etwas ungewohnt, sich vor anderen Leuten an- und auszuziehen, aber zumindest sind 99,9% aller Bäder in Japan Geschlechter getrennt.
Vergiss nicht Duschen vor dem Baden!
Aber bevor man sich zur Entspannung in die große Wanne mit dem dampfenden Badewasser begibt, sollte man sich an einem der Waschplätze gründlichst von Kopf bis Fuß mit einem Waschlappen waschen – natürlich mit Shampoo und Duschgel! Danach spült man den Seifenschaum ebenfalls gründlich ab und reinigt den Waschplatz, damit der nächste Kunde ebenfalls einen tadellos sauberen Waschplatz vor findet. Lange Haare egal ob bei Männern oder Frauen werden dann hochgebunden, damit das Badewasser nicht „verunreinigt“ wird (… ausgefallene Haare im Badewasser will schließlich niemand haben).
Waschlappen nicht ins Onsenwasser tunken
Der Waschlappen wird als unsauber angesehen und sollte daher nicht in Berührung mit dem Badewasser kommen. Entweder kann man den Lappen dann vorm Baden beim Eingang ablegen oder man kann sich den Lappen auf den Kopf legen. Das machen tatsächlich viele Japaner. Man sollte nur aufpassen, dass dieser nicht vom Kopf ins Badewasser rutscht.
Nicht schwimmen! Nur entspannen
Man sollte sich während des gesamten Besuchs des Badehauses respektvoll gegenüber den anderen Besuchern verhalten. Damit alle in Ruhe ihr Bad genießen können, sollte man nicht im Wasser plantschen oder damit herum spritzen (auch Kinder nicht). Außerdem sollte man es sich verkneifen laute Gespräche zu führen, welche die anderen Besucher stören könnten. Die „Badewanne“ ist zwar meistens groß genug um darin theoretisch schwimmen zu können, aber auch das gehört sich nicht und es ist auch sowieso zu flach (etwa Knietief).
Manche Onsen haben ein Tattoo-Verbot
Ein Hinweis noch zum Thema Tattoos und heiße Quellen: Wenn am Eingang des Badehauses ein Schild steht, welches tätowierten Leuten ausdrücklich den Zutritt verbietet, sollte man dies respektieren. Es gibt heutzutage auch viele Badehäuser, die kein Problem mit Tattoos haben und wo diese erlaubt sind. Es kann dann natürlich passieren, dass man zufällig mit Yakuza zusammen baden geht… Die haben aber normalerweise wenig Interesse daran Stress mit Touristen zu bekommen, daher braucht man auch keine Angst zu haben. Solange man sich respektvoll verhält und ihnen nicht auf die Nerven geht, ist alles ok. Optional kann man auch private Onsen-Räume buchen. Das sollte man allerdings mit vorheriger Reservierung machen, da solche privaten Räume gerne mal ausgebucht sind.
Verschiedene Arten von Onsen
Roten-buro (露天風呂):
In manchen Onsen gibt es ein sogenanntes Roten-buro, welches “Bad unter freiem Himmel” bedeutet. Hier warten dann entweder ein Bad oder auch ganze Badelandschaften auf die Besucher, welche ein Badegefühl wie “direkt in der Natur” vermitteln sollen. Häufig haben diese Freiluftbäder auch eine sehr schöne Aussicht aufs Meer, die Berge, einen Fluss, See oder einfach den Wald. Kaum etwas gibt einem so ein Gefühl von ungezwungener Freiheit wie splitterfasernackt im warmen Wasser zu sitzen und die Natur zu genießen.
Kazoku-buro (家族風呂):
Das Kazoku-buro ist, wie der Name schon sagt, ein Familienbad. Man kann in vielen Onsenbädern als Familie einen eigenen Raum mit einem eigener, privaten Onsen-Badewanne (große Badewanne mit Platz für 2-3 Leute) mieten. Das Angebot wird besonders von Familien mit kleinen Kindern genutzt, die sich noch nicht Onsen-konform benehmen können oder aber um einfach im Privaten, Zeit mit der Familie zu genießen.
Kashikiri-buro (貸切風呂):
Kashikiri-buro ist im Prinzip genau das gleiche wie ein Kazoku-buro. Manche Bäder benutzen eher den einen Begriff und andere Onsen-Bäder den anderen. Wörtlich stellt das “Kashikiri-buro” einfach den neutraleren Begriff dar, deutet aber auch an, dass nicht nur Familien dieses private Bad anmieten können. In der Realität können auch Paare oder Freunde sowohl ein Kazoku-buro als auch ein Kashikiri-buro benutzen.
Higaeri-buro (日帰り風呂):
Das Higaeri-buro wird von Ryokan (japanischen Gasthäusern) angeboten. Normalerweise sind die Onsen in Ryokans nur für die Übernachtungsgäste gedacht, doch an manchen Tagen kann man auch Onsen-Tickets ohne Übernachtung buchen. Diese Tickets sind dann mit dem Begriff “Higaeri” (Hi = Tag, kaeri = nach Hause gehen) gekennzeichnet.
Denki-buro (電気風呂):
Das Denki-buro oder zu Deutsch “Strom-Bad” ist genau das, was der Name schon sagt: Durch das gut leitende, Mineralhaltige Onsenwasser wird ein schwacher Strom geleitet, der die Muskeln anspricht und Verspannungen lösen soll. Das ist im Prinzip das Gleiche wie eine Behandlung durch Elektro-Stimulation. Manche schwören darauf, aber Leute mit einem Herzschrittmacher sollten besser einen großen Bogen um dieses Bad machen.
10 bekannte Onsen in Japan
Wer jetzt Lust bekommen hat bei der nächsten Japanreise selbst das Onsen baden auszuprobieren, der sollte in Erwägung ziehen zu einer der folgenden 10 berühmten Onsen zu fahren.
- Atami Onsen in Shizuoka
- Gero Onsen in Gifu
- Kusatsu Onsen in Gunma
- Hakone Onsen in Kanagawa
- Arima Onsen in Kobe
- Dogo Onsen in Ehime
- Beppu Onsen in Oita
- Yufuin Onsen in Oita
- Kurokawa Onsen in Kumamoto
- Ibusuki Onsen in Kagoshima
Sie sind alle sehr empfehlenswert, daher kann man ruhig den Ort wählen, welcher am besten zur eigenen Reiseroute passt. Sollte es einen an die Südspitze der Insel Kyushu nach Kagoshima verschlagen, findet ihr hier ein paar weitere Tipps, welche Onsen hier einen Besuch wert sind.
Updated: 02.08.2020 | Posted by Miriam