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URUSHI – Traditionelle Lackwaren aus Japan

urushi sake set schwarz und rot

Wenn man den Begriff “Lackwaren aus Asien” hört, fallen einem vermutlich erst einmal die Lackschalen oder Lacktische vom nächstbesten China-Restaurant ein, doch diese haben nichts mehr mit der traditionellen Lackkunst gemein. Häufig sind die Waren dort nicht mal lackiert, sondern einfach aus Plastik (made in China). Da hingegen sind echte Lackwaren aus Urushi-Lack keine Massenproduktion. Man stellt sie in Handarbeit her und von der “Ernte” des Harzes bis zur Fertigstellung eines Produktes vergehen zum Teil mehrere Monate. In Japan wird dieses spezielle, hochwertig-lackierte Geschirr hauptsächlich zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten oder zur traditionellen Neujahrsfeier benutzt. Man kann es was das angeht ein bisschen mit dem “guten Meißner und dem Silberbesteck” vergleichen. Doch was genau ist eigentlich Urushi, wie wird es hergestellt und welche bekannten Produkte gibt es? Diesen und einigen weiteren Fragen über Urushi, den traditionellen Lackwaren aus Japan sind in diesem Artikel auf die Spur gekommen.

Wissenswertes über Urushi

urushi hashi
Was ist Japanlack / Urushi?

Japanlack, das auch Urushi genannt wird, ist ein spezielles Harz des Urushi-Baums (toxicodendron vernicifluum). Es wird in ostasiatischen Ländern wie Japan und China schon seit mehreren Jahrhunderten zur Veredelung von Essgeschirr, Vasen, Tabletts, Schmuck und Vielem mehr verwendet. Die Handwerkskunst kann nur von geübten Fachleuten ausgeführt werden, denn der flüssige Rohstoff enthält giftige Bestandteile, die bei Hautkontakt starke allergische Reaktionen hervorrufen.

Wie teuer sind echte Urushi-Lackwaren?

Aufgrund der schwierigen und sehr zeitaufwändigen Herstellung in Handarbeit durch geschulte Fachleute sind echte Urushi-Produkte sehr teuer. Es gibt diese Lackware aus China und aus Japan, wobei die japanische Variante etwa 10-mal so teuer ist. Im Durchschnitt kosten Urushi-Produkte umgerechnet etwa 50-200 Euro pro Stück.

Ist Urushi-Lack lebensmittelecht?

Sobald der Urushi-Lack vollständig ausgehärtet ist, ist er lebensmittelecht. Er ist außerdem beständig gegen Alkohol, Wasser, Lösemittel und Säuren und besitzt dauerelastische Eigenschaften. Urushi-Lack ist auch ein natürlicher Schutz gegen Schimmel, was ist Ländern mit hoher Luftfeuchtigkeit wie Japan oder China vo besonderem Vorteil ist. Wenn man Lackware aus Urushi jedoch über lange Zeiträume intensiver Sonneneinstrahlung aussetzt, kann er kaputt gehen.

Was ist das Besondere bei Urushi-Lackwaren?

Echte Urushi-Produkte sind absolute Luxusartikel, die durch fachmännische Handarbeit und einem zeitaufwändigen Verfahren hergestellt werden. Sie werden ausschließlich mit natürlichen Rohstoffen (dem Urushi-Harz, Holz, Bambus, Blattgold – oder Silber, Perlmutt, Eierschalen etc) produziert. Durch das Auftragen vieler Lackschichten erhalten die Produkte eine schimmernde Tiefe, die mit anderen Lacken wie Acryl- oder Schellack nicht erzielt werden kann.

Was ist Urushi und wie wird es hergestellt?

urushi geschirr

Das Wort “Urushi” bezeichnet im Ursprung den Baum (toxicodendron vernicifluum). Aus diesem gewinnt man das Harz für die Herstellung von Lackwaren. Der Begriff erstreckt sich aber auch auf das Bauharz und die Waren selbst. Im Japanischen spricht man von “urushi-nuri”, was so viel bedeutet wie “lackiert mit Urushi-Harz”, wenn man konkret die Waren meint. 

Gefahren bei der Herstellung

Die Herstellung dieser Urushi-Produkte ist jedoch nicht ganz ungefährlich, denn das flüssige Baumharz enthält Urushiol; ein Öl, das starke allergische Reaktionen auf der Haut verursacht und als Aerosol Reizungen der Augen und Atemwege verursacht. Daher wird jeder ungeschulten Person abgeraten sich den Bäumen zu nähern oder gar selbst Harz abzuzapfen. Interessanterweise verliert das Harz bei der Aushärtung bzw. Polymerisierung, seine gefährlichen Eigenschaften, sodass man sogar gefahrlos von lackiertem Geschirr essen kann.

Der Herstellungsprozess der Lackwaren

Urushi-Baum

Um das Harz zu gewinnen, scheidet man einige Kerben in den Stamm des Urushi-Baums und dann fängt man den austretende Saft auf. Dieses ursprüngliche Harz ist zunächst Trüb und muss mehrfach mit speziellem Papier gefiltert werden. Doch das Harz wird erst beim Aushärten klar wie Glas. Nach dem filtrieren wird der zu lackierende Gegenstand zunächst mit einer Schicht Urushi Grundierung bestrichen. Es wird dann bei knapp 30°C und hoher Luftfeuchtigkeit trocknen gelassen. Die richtige Kombination an Feuchte und Temperatur, sowie eine absolut staubfreie Umgebung sind für die Herstellung zwingend notwendig. In früheren Zeiten hat man deshalb Urushi-Produkte zum Trocknen auf Flößen hinaus aufs Meer gebracht, weil dort auf natürliche Weise die optimalen Bedingungen existieren. Diese Bedingungen sind notwendig um den typischen Hochglanz des Lacks zu erzielen.

Wenn der Lack dann getrocknet ist schleift man ihn nass mit einem Wasserstein oder Schleifpapier. Danach tragen die Kunsthandwerker die nächste Urushi-Schicht auf und der Ablauf beginnt von vorne. So trägt man den Harz Schicht für Schicht auf, lässt ihn härten und schleift ihn. Die traditionellen Farben, welche man in das flüssige Harz mischt, sind Eisenoxid und Zinnober (rot) oder Ruß (schwarz). Zusätzlich gibt es Designs, die mit Gold- oder Silberstaub, Blattmetall, Perlmutt, Eierschalen und anderen dekorativen Materialien spielen.

Typische & bekannte Urushi Lackwaren

natsume aus urushi
Natsume – Teedose aus Urushi

In früheren Zeiten wurden mit dem Urushi-Lack vor allem die Spitzen an Speeren und Pfeilen befestigt, Rüstungen und Helme gehärtet oder die Scheiden der Samurai-Schwerter verziert. Doch heute werden eher Schalen, Essstäbchen, Tabletts, Möbel, Schmuck und Kunstgegenstände mit der Urushi-Lackkunst hergestellt. Da dieser spezielle Lack auch nach der Aushärtung noch eine gewisse Elastizität beibehält, können auch flexiblere Materialien wie Leder, Washi oder Textilien damit veredelt werden, z.B durch die Siebdruck- oder Stempeltechnik. Doch die Top 4 der häufigsten Urushi-Produkte werden von Essgeschirr und Teedosen belegt:

No. 1 Suppenschale
No. 2 Reisschale
No. 3 Stäbchen
No. 4 Matcha-Pulver-Dose

Wajima-nuri aus Ishikawa – bekanntester Urushi-Nuri Stil

Der bekannteste Urushi-Stil aus Japan kommt aus Wajima in der sonst eher unscheinbaren Präfektur Ishikawa am japanischen Meer. Diesen Stil unterscheidet man von den anderen japanischen Lack-Stilen hauptsächlich durch die langlebige Lack-Grundierung auf Zelkova Holz. Dadurch, dass das Harz mehrerer Lackschichten mit pulverisiertem Kieselgur (jinoko) vermischt wird.

Wie pflege ich Urushi-Lackwaren richtig?

urushi produkt pflegen

Eigentlich ist die Pflege und der Umgang mit Urushi-Lackwaren relativ einfach, wenn man ein paar Grundregeln beachtet. So sollte man die Produkte hauptsächlich vor mechanischen, thermischen und chemischen Einwirkungen schützen.

Schutz vor mechanischer Einwirkung

Man sollte keinerlei spitze, scharfe oder metallene Gegenstände (wie z.B. Besteck) in die Nähe von Urushi-Produkten bringen, da diese den Lack beschädigen würden. Genauso sollten sie beim Abwasch nicht mit einem Schwamm (raue Seite) oder einer harten Spülbürste bearbeitet werden, sondern einfach mit einem weichen Tuch ausgewischt werden. 

Schutz vor thermischer Einwirkung

Urushi-Lackwaren gehören weder in die Mikrowelle, noch in den Backofen, Kühlschrank oder die Spülmaschine. Man sollte die Lackwaren weiterhin vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Vielleicht ist das der Grund, warum auch Japaner die Urushi-Produkte nur zu besonderen Anlässen auspacken. 

Schutz vor chemischer Einwirkung

Die meisten Seifen und Handspülmittel (und sonstigen Reiniger) enthalten starke Tenside, Detergenzien oder Alkohole, welche die Oberfläche des Lacks beschädigen können. Daher empfählt man, die Lackwaren einfach nur mit klarem, kalten Wasser auszuspülen und wie oben erwähnt ein weiches Tuch zum nachwischen zu nehmen.

Geschichte von Urushi

urushi teedose schwarz

Die Bewohner des japanischen Inselarichpels begannen bereits in der Jomon-Zeit (14000-300 v. Chr.) das Harz des Urushi-Baums für sich zu nutzen. Zunächst wurde es nur als Klebstoff verwendet, um Pfeil- und Speerspitzen zu befestigen. Doch mit dem starken kulturellen Einfluss Chinas auf Japan in der Heian-Zeit (ab 794 n. Chr.) kam auch die Kunstfertigkeit der Verarbeitung von Harzen zu Lackwaren nach Japan. Die Waren waren aufgrund ihrer aufwendigen Herstellung vor Allem Luxusgegenstände, welche dem Kaiserhaus und dem Adel vorbehalten waren. Doch erst mit dem Anbruch der Edo-Zeit (ab ca. 1600) kam diese Form des Kunsthandwerks richtig in Mode. Der Urushi-Baum wurde nun en masse angebaut und Urushi-Nuri wurden zu beliebten Luxusgegenständen (nun auch vermehrt unter wohlhabenden Händlern und Samurai). So wurden nicht nur Schüsseln, Essstäbchen und Teedosen, sondern auch Rüstungen, Helme und Schwertscheiden mit Urushi-Lack veredelt. 

Published: 09.08.2020 | Posted by Miriam

2 Kommentare

  1. Hallo Miriam,
    von meinem Großvater habe ich alte Urushi Gegenstände geerbt, können Sie mir einen Tipp geben, wie man diese reinigen und eventuell auch wieder zum glänzen bekommen kann?
    Ich würde mich freuen, von Ihnen einen Tipp zu bekommen, ich glaube, dass auf manchen dieser Schalen ein Fettfilm und eine ziemliche Patina liegt.

    Danke im Vorraus,
    Viele Grüße, Bärbel

    1. Hallo Bärbel,
      die Reinigung von Urushi Waren sollte man sehr vorsichtig angehen. Zunächst würde ich die Waren an deiner Stelle auf Risse im Lack untersuchen. Wenn dort keine Risse sind, dann kann man die Waren bis zu 1 Tag in Wasser einlegen (aber besser so kurz wie nötig) oder sie vorsichtig mit einem weichen Tuch und mildem (!) Spülmittel waschen. Urushi waren bekommen besonders durch die regelmäßige, ordnungsgemäße Benutzung und die damit einhergehende Feuchtigkeit ihren Glanz. Falls die Waren jedoch Risse im Lack aufweisen, würde ich sie in die Hände von einem Fachmann / einer Fachfrau für die Herstellung von Urushi-Lackwaren geben und den Lack ausbessern lassen. (Davon gibt es sogar welche in Deutschland)
      Ich hoffe, dass diese Antwort hilfreich für dich war. Viele Grüße aus Düsseldorf, Miriam

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